Mein Gartenprojekt hinterm Mietshaus

„Wer der Gartenleidenschaft verfiel, ist noch nie geheilt worden. Er fühlt sich immer tiefer in sie verstrickt.“ An diese Worte des Staudenzüchters Karl Foerster muss ich in diesen Tagen öfter denken. Als ich vor ein paar Wochen vom Land in die Stadt zog, war mir mit am Wichtigsten abzuklären, wo ich künftig gärtnern kann. Dass mir die Verwalter des Mietshauses, in dem ich jetzt wohne, dies auf der Fläche hinterm Haus unkompliziert gewährten, machte mich sehr froh. So war meine Erstversion für mein städtisches Gärtnern schnell klar: Der Balkon zur Gartenseite wird meine Chill-Lounge, wo nur Pflanzen in Töpfen hinkommen, die ich nicht gießen muss. Auf der Fläche hinterm Mietshaus hin zum Aubach richte ich mir ein, zwei Sitzplätze ein, die ich, aber auch meine Mitbewohner im Haus, nutzen können. Hier werde ich manches Buch lesen und wenn Besuch kommt, das Draußen-Leben zelebrieren. Und im nahen Kulturgarten e.V., dem ich beigetreten bin, bringe ich ein paar Pflanzenschätze aus meinem Landgarten unter.

Nun, Sie haben sicherlich auch schon die Erfahrung gemacht, dass es manchmal ganz anders kommt als man denkt. Auf meinem Balkon tummeln sich in diesen Tagen tatsächlich ein paar Echeveria, Fetthennen und Thymian, die nicht viel Pflege brauchen. Doch meine besonderen Salbei-Sorten (Gamanderblättriger Salbei, Südamerika-Salbei ‘Amistad’ und die beiden Sommersalbei ‘Wendy’s Wish’ und ‘Coeur des Violetts’) hätten schon längst das Zeitliche gesegnet, wenn ich sie nicht regelmäßig mit Wassergaben bedenken würde.

Auch auf der Fläche hinterm vieretagigen Mietshaus bin ich meiner Erstversion nicht treu geblieben. Weil sich der Verkauf von Haus und Hof auf dem Lande hinzieht und der Landgarten aufgrund der guten Feuchtigkeit in diesem Jahr aus allen Nähten platzt, gerate ich in Zwiesprache mit den dortigen Pflanzen. Nimm mich mit, meine ich von vielen zu hören. Von Geschenken von Freunden. Von Mitbringseln von vielen Gartenausflügen. Oder einfach von Pflanzen, die mir über die Jahre ans Herz gewachsen sind.  Und so buddel ich hier und da einen Ableger auf dem Lande aus. Mache das Areal in der Stadt Stück für Stück gierschfrei und buddel meine kleinen Schätze wieder ein. Und bin glücklich! Ich fühle mich in meinem Tun Anja Maubach nahe, die einmal meinte: Gärtnern verleiht dem Leben Fülle. Gebe Karl Foerster aus vollstem Herzen Recht. Und beschließe: In mein Gartenprojekt hinterm Mietshaus verstricke ich mich sehenden Auges und mit ganzer Seele!

Die Beerenzeit ist zuckersüß

Herausfordernd und zückersüß

Woran erkennt man in diesen Tagen die fleißige Gärtnerin? Unter anderem daran, dass man ein Glas Marmelade geschenkt bekommt. Kerstin bringt mir ein Glas Kirschmarmelade mit. Marianne hat Monatserdbeeren eingekocht. Inis gibt mir eines ihrer 140 Erdbeerkonfitüren-Gläser mit. Sage und schreibe 70 Kilo sind in den letzten Wochen zu köstlichen Brotaufstrichen verarbeitet worden. Eine Menge, die man sich mal auf der Zunge zergehen lassen sollte.

Ich selbst habe nur ein, zwei Kilo Himbeeren und etwa die doppelte Menge an Schwarzen Johannesbeeren eingekocht. Ohne die selbstgemachten Brotaufstriche mag auch ich nicht mehr durch meine Jahre gehen. Wenn es die Vorratsregale hergeben, rücke auch ich gern ein Glas raus. Die Söhne in den großen Städten haben immer Kapazität, geschenkte Schätze in Größenordnungen wegzuschleppen.

Die Beerenzeit ist herausfordernd. Nicht nur wegen der Erntemengen, die verarbeitet sein wollen. Sie ist auch ein guter Zeitpunkt, die eigenen Beerensträucher für das nächste Erntejahr in Form zu bringen. Das sagten sich in diesen Tagen die Mitglieder im Schweriner Kulturgarten. Die vielen Beerensträucher waren dort über die Jahre aus der Form geraten, die Ackerwinde hatte das Ganze zu einem Dschungel gemacht, so dass die Ernte der leckeren Früchte schon deutlich erschwert war. Also trafen sich Antje und Julia, Gisela und Guda, Stefan, Heike, Manuela und Renate zu einem sonntäglichen Arbeitseinsatz. Mit Schere und Säge wurde Luft in die Sträucher gebracht, am Boden Liegendes eingekürzt, die Roten Johannesbeeren wie ein Trichter geformt und die Schwarzen so geschnitten, dass an senkrechten Ruten neue Früchte reifen können.

Ob wir alles richtig gemacht haben? Mitnichten. Beerensträucher in Form bringen ist wie Rosen schneiden. Da gibt es die Theorie. Und dann jeden einzelnen Strauch, der individuell gewachsen ist. Fakt ist, man sollte nicht zu zaghaft sein. Pflanzen mögen spürbare Rückschnitte. Und sie verzeihen Fehler. Frisch ans Werk also. Und Learning by doing lautete deshalb die Devise. Wer mag, kann bei der Gelegenheit die Sträucher auch verjüngen, indem Absenker gemacht werden. Dabei Triebe zum Boden führen, hier z.B. durch Steine beschweren oder Krampen sichern, so dass sich über die Zeit Wurzeln ausbilden können.

So im Arbeitsflow schwärmten Antje und ich uns vor, wie gut doch selbst gemachte Marmeladen schmecken. Und hatten prompt eine Idee: Wollen wir nicht mal ein Happening veranstalten, bei dem nur selbstgemachte Konfitüren auf den Tisch kommen?

Weidenblättrige Sonnenblume

Echte Hitzeprofis für heiße Tage

Das Thermometer zeigt Temperaturen über 30 Grad. Wer kann, sucht sich ein kühleres Plätzchen im Schatten oder am Wasser. Ich indes verbringe ein paar Tage im Bett, denn eine sommerliche Erkältung zwingt mich in die Knie. Ich sehne mich nach dem Garten hinterm Haus, in dem ich Hand anlegen will. Und doch nicht kann. Und so lande ich vorerst bei Gartenbüchern. Besonders bei einem, das wie gemacht ist für die Sommerzeit: „Echte Hitzeprofis“ von Katrin Lugerbauer.

Die früheren Bücher der österreichischen Autorin zu Immerblühenden Beeten, Blütenreichen mit Blumenzwiebeln, Schattenstauden oder Wilden Wiesen sind eine wahre Fundgrube. Voller Pflanzenideen und gespickt mit unzähligen Ratschlägen der praktizierenden Gärtnerin. Das ist im vorerst letzten Buch von Karin Lugerbauer nicht anders. In diesem Fall fächert sie einen ganzen Kanon von Pflanzen auf, die sich auf trockenen Standorten bestens bewähren.

Nach diesen halte ich Ausschau. Denn hinter meinem Mietshaus in Schwerin fließt zwar der Aubach, doch einen Wasseranschluss gibt es für die Fläche nicht. So will ich aus der Not eine Tugend machen. Werde Pflanzen in die Erde bringen, die mit längeren Trockenphasen gut zurechtkommen. Mehr als eine Gießkanne Wasser nach erfolgter Pflanzung will ich Neuanpflanzungen nicht zukommen lassen. Den Rest müssen sie alleine schaffen.

Dass auch auf solchen Standorten eine kaum zu überschauende Pflanzenvielfalt klarkommt, macht das Buch von Katrin Lugerbauer eindrücklich deutlich. Ob Blütenpracht auf magerem Boden in Gelb und Rosa oder leuchtend durch den Sommer in Orange und Gelb, ob üppige Staudenflächen auf dem Dach oder kleine Mini-Kombinationen, ob exotische Kontraste oder natürlich gestaltet mit heimischen Wildpflanzen – die Autorin listet für zahlreiche Standortvarianten Pflanzen-Zusammenstellungen mit Erweiterungsideen und Vorschlägen für Dynamik auf.

Und so wächst meine Wunschliste für den Garten hinterm Haus mit jeder Buchseite: Das Grüngelb der Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia seguieriana subsp. Niciciana) harmoniert mit dem gesamten Farbspektrum, warum sie sich bestens als verbindendes Element zwischen leuchtenden Farben anbietet. Der im Spätsommer blühende Sommerlauch Allium ‘Millenium’ bildet üppige Horste, die im Unterschied zu anderem Allium nicht einziehen. Den Rosa Steppensalbei (Salvia nemorosa ‘Amethyst’) habe ich schon in meinem großen Landgarten lieben gelernt. Die Weidenblättrige Sonnenblume (Helianthus salisicolius) bleibt auf trockenen Böden standfest und robust.  Und und und.