In der Adventszeit waren wir in Stettin. Die polnische Stadt an der Oder unmittelbar an der Grenze zu unserem Bundesland macht es Touristen einfach, sie zu erkunden.
Im Stadtkern muss man lediglich einer gestrichelten roten Linie auf Bürgersteigen und über Straßen folgen und kommt so an vielen wichtigen Gebäuden und Schauplätzen der Stadtgeschichte vorbei. Anhand ausführlicher Informationstafeln in drei Sprachen sind für Besucher der Stadt alle wichtigen Informationen aufbereitet. So ist es ein Leichtes, sich kundig zu machen. Auf diese Weise erfuhren wir Stettin-Besucher also, dass Katharina die Große als Prinzessin Sophie von Anhalt-Zerbst im Stettiner Schloss geboren wurde. Ihr Vater, Fürst Christian August von Anhalt-Zerbst war damals preußischer General und Gouverneur von Stettin und wird das junge Mädchen später als 14jährige nach Moskau verheiraten. Bei unserem Stadtrundgang entdeckten wir die neu gebaute Philharmonie, eine zeitgenössische Architekturikone.
Äußerlich ähnelt sie einem Eispalast, doch hinter den Mauern verbirgt sich eine hochmoderne, multifunktionale Kultureinrichtung mit Räumen, die an die Elbphilharmonie denken lassen. Beim Blick vom Turm der stadtprägenden Jakobikirche, die zurzeit saniert wird, offenbarten sich überall in der Stadt die stadtplanerischen Brüche der letzten Jahrzehnte. Hier die Prachtbauten aus der Zeit, als in Stettin die pommersche Provinzialregierung residierte. Dort die Plattenbauten, die nach dem Krieg in den stark zerbombten Straßenzeilen neuen Wohnraum boten. Hier die Konsumtempel der neuen Zeit, die den unseren aufs Haar gleichen. Dort die seit Jahrzehnten unsanierten Mietshäuser, die der Investoren harren.
Warum ich Ihnen das an dieser Stelle so ausführlich beschreibe. Nun – eine jede Reise ist für mich wie ein leeres Blatt Papier. Das füllt sich Stück für Stück. Mit Erlebtem, Erfahrenen, Gesehenen. Ähnlich ist es mit einem Garten. Anfangs liegt vielleicht nur ein Stück Rasen vor uns, auf dem wir einen Garten anlegen wollen. Noch wissen wir nicht um die Einzelheiten. Wissen nicht, welche Bäume, welche Gehölze, welche Blumen wir pflanzen werden. Wollen wir einen Küchengarten oder bleibt es bei Blumen? Jahre später sieht die Sache schon anders aus, sieht man vieles klarer. Und dennoch wissen wir: Das Blatt Papier ist immer noch nicht vollgeschrieben. Wir sind immer noch auf dem Weg. Sind immer noch auf Reisen!