Als Autodidaktin bin ich froh, meine im eigenen Garten überblickbare Pflanzenansammlung zu kennen. Zeigen sich jetzt die ersten Frühjahrsblüher und Spitzen von Stauden, begrüße sie wie alte Bekannte: Ach, da seid Ihr ja wieder! In solchen Momenten erinnere ich mich oft an frühere Jahre. In denen hatte ich oft das Gefühl, ich müsste in jedem Frühling die Namen meiner Pflanzen neu lernen und verinnerlichen.
Wenn ich in der Natur bin, geht es mir heutzutage noch oft wie vor Jahren in meinem Garten. Ich sehe eine Blume und frage mich: Was ist das denn? Und weil ich oft keine Antwort weiß, greife ich dann zu einem Standardwerk der Pflanzenbestimmung. Seit 1935 können Laien mit dem Buch „Was blüht denn da?“ heimische Pflanzen bestimmen. 1973 erschien es im Kosmos-Verlag erstmals in Farbe. Heute lassen sich dank der Anbindung an die preisgekrönte Bestimmungs-App Flora Incognita alle 870 Blütenpflanzen des Buches auf einem Mobilgerät auch online abrufen, samt zahlreicher Detailzeichnungen von Blüten, Blättern, Früchten und Wurzeln.
Womit wir bei den Zeichnungen in dem Buch wären. Mein Nachschlagewerk habe ich Mitte der 90er Jahre erworben, als ich mit meiner Familie aufs Land gezogen bin und daher öfter in der Natur war. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mich – so oft ich das Buch bisher in die Hand genommen habe – nicht ein einziges Mal gefragt habe, wer all die Zeichnungen zu den wildwachsenden Blütenpflanzen Mitteleuropas angefertigt hat. Das wurde mir dieser Tage bewusst, als ich einen Nachruf des Kosmos-Verlages für die Illustratorin Marianne Golte-Bechtle las.
Diese ist am 1. Januar 81jährig verstorben, war fast 40 Jahre lang eine hochgeschätzte Mitarbeiterin des Hauses. Über 600 Illustrationen fertigte die begnadete Zeichnerin allein für „Was blüht denn da?“ an. „Dabei porträtierte sie jede Pflanze in größter Detailgenauigkeit und mit fachkundigem Blick, indem sie das Original, das in einer kleinen Vase auf ihrem Schreibtisch stand, abzeichnete“, so der Verlag in seinem Nachruf. Dank eines fundierten biologischen Wissens bildete die Illustratorin nicht nur Blütenpflanzen ab. Für andere Naturführer des Verlages zeichnete sie auch Farne, Moose, Flechten, Pilze und Algen, essbare Wildkräuter und Wildbeeren und sogar Tiere der Urzeit. Ein beeindruckendes Lebenswerk und vor allem Wissen, das mich gärtnerische Seiteneinsteigerin staunen lässt!